Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner
Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt. Zweiter Brief des Petrus 3,13
„Wann kommt das Ende der Welt?“ So fragten sich Menschen zu allen Zeiten – vor allem, wenn sich ihre Lebensbedingungen verschlechtert oder sie in eine persönliche oder gesellschaftliche Notlage geraten waren.
Da den meisten von ihnen eine aktive Mitgestaltung und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse unmöglich war, hofften sie auf ein mehr oder weniger „außerirdisches“ oder göttliches Eingreifen. Denn in nicht wenigen Aussagen in den prophetischen Schriften der Bibel ist davon die Rede, dass Gott selbst eingreifen wird, um seine Leute aus den Dilemmata und Bedrängnissen ihres Lebens und ihrer Zeit zu befreien. Um eine gerechte Welt zu schaffen, in der sich alle Menschen an die Weisungen und Gebote halten und in der es keine Gewalt und keine Kriege und keine Unterdrückung der einen, durch die anderen mehr gibt, müsste aber zuerst – nach der Vorstellung vieler – die „alte Welt“ mit ihren ungerechten Verhältnissen beseitigt werden (das Prinzip „Revolution“: erst die Zerstörung der bestehenden Verhältnisse ermöglicht den Aufbau neuer und gerechter Strukturen).
Religionskritische Denker und Philosophen haben diese Haltung als „Vertröstung auf das Jenseits“ gebrandmarkt. Dieses Ausbleiben des unmittelbaren Eingreifens Gottes zur Beendigung der alten und Schaffung einer neuen Welt wurde von ihnen als Argument gegen die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft angeführt.
Die ausbleibende Wiederkunft Christi wurde nicht nur gegen die Apostel und andere Verkünder in der Nachfolge Jesu gerichtet, sondern stellte Jesus selbst und mit ihm die Botschaft des Christentums infrage.
Doch hatte Jesus mit seiner „Reich-Gottes-Verkündigung“ wirklich gemeint, dass erst die alte Welt untergehen müsse, bevor eine neue Welt nach den Maßstäben Gottes gebaut werden könnte?
Hatte er nicht vielmehr zu seinen Jüngern gesagt, dass das Reich Gottes schon mitten unter ihnen wäre, wenn sie sich an den Weisungen Gottes orientierten und nach dem Vorbild Jesu ihr Leben gestalten würden (Lukas 17,21)!
Um gerechte Strukturen auf dieser Welt zu schaffen und Lebensbedingungen, unter denen alle gut leben können, bedarf es also keiner Revolution und keines gewaltsam herbeigeführten Endes, sondern des Lernens und Ausübens der Regeln für das Reich Gottes, wie Jesus es mit seinen Jüngern eingeübt und vorgelebt hat.
Der Zweite Petrusbrief bezeugt den wichtigen Schritt von einer enthusiastischen Ausrichtung auf das baldige Ende der Welt hin zu einer auf Kontinuität zielenden Nüchternheit der Gemeinderealität.
Sieghard Löser